Die Familie Stern hat ihre Geschichte zurück. Und ihre Würde: Dafür sorgten am Donnerstag Schüler des Schwalmgymnasiums in Kooperation mit der Gedenkstätte und Museum Trutzhain und der Stadt Schwalmstadt.
In der Wagnergasse verlegte Katja Demnig, die Frau des Künstlers Gunter Demnig, fünf Stolpersteine.
Bereits 2004 waren die ersten der besonderen Erinnerungstafeln im Schwälmer Pflaster eingelassen worden, schon damals mit großem Engagement der Schüler. Zuletzt waren im Mai dieses Jahres in Treysa weitere Steine verlegt worden.
In der Vorbereitung hatten sich die Schüler intensiv mit den Lebensgeschichten der Familien – insgesamt vier, zusammen 15 Steine – auseinandergesetzt und zum Teil große Recherchearbeit geleistet. „Die Jugendlichen haben nicht nur den Eigentümern der Häuser Briefe geschrieben, sondern auch Kontakt zu Nachfahren aufgenommen“, berichtet Karin Brandes, Leiterin der Gedenkstätte. Bürgermeister Stefan Pinhard sagte: „Wir müssen alles dafür tun, damit sich Diktatur und Menschenrechtsverletzungen nicht wiederholen.“
Die Familie Stern bewohnte das Haus in der Wagnergasse 5, viele Jahre später war dort der Buchladen Hexenturm untergebracht, deren Erben das Haus wiederum an die Stadt verkauften, die es seinerzeit abreißen ließ, erklärt Bernd Lindenthal, früherer Geschichtslehrer am Schwalmgymnasium und Mitorganisator der Aktion.
Die Schüler Timo Näser, Arne Jesberg, Elian Schober, Fabius Gebhardt und Jakob Nöll berichteten vom Schicksal der Familie: Jakob Stern lebte mit seiner Frau Nanni und seinem Bruder Menko Stern und dessen Frau Auguste sowie mit ihren jeweiligen Kindern in Treysa. Beide Brüder Stern dienten im Ersten Weltkrieg. Menko und Jakob waren Metzger und hatten ihren Laden direkt im Haus in der Wagnergasse. Menkos Sohn Julius und Jakobs Sohn Fritz (Manfred) besuchten die Höhere Knaben- und Mädchenschule, heute das Schwalmgymnasium.
Bereits nach dem Novemberpogrom in 1938 wurde Menko für drei Wochen in das KZ Buchenwald gebracht, jedoch danach wieder entlassen, möglicherweise, weil er im Ersten Weltkrieg Dienst geleistet hatte.
1942 wurde die Familie Stern deportiert. Im Juni wurden Jakob, Nanni und Sohn Arthur zunächst nach Kassel und von dort aus mit vielen anderen Juden nach Polen in Vernichtungslager gebracht.
Tod im Vernichtungslager
Während der Fahrt nach Polen wurden die drei getrennt – während Jakob und Nanni in das Lager Sobibor verschleppt wurden, brachte man Arthur in das Lager Majdanek. Ihr Schicksal war jedoch das gleiche, sie starben in den Gaskammern der jeweiligen Vernichtungslager. Nanni und Jakob am 3. Juni 1942, Arthur am 27. September 1942.
Menko Sterns Sohn Julius floh ebenfalls. 1936 entkam er nach Argentinien, wo er 1985 verstarb. 1955 stellte Julius einen Entschädigungsantrag und ließ sich 1963 wiedereinbürgern. Sein älterer Bruder Max Stern soll in Theresienstadt umgekommen sein, mehr ist über ihn jedoch nicht bekannt.
Weitere Steine wurden für die Geschwister Rothschild in der Wiederholdstraße 11 in Ziegenhain und für die Familie Kaufmann in der Kasseler Straße 23 in Ziegenhain verlegt, eine Enkeltochter der Familie nahm teil.