www.hna.de: Ein Schwälmer greift nach den Sternen

Marcel Kaufmann forscht in der Raumfahrt.
Als Schüler gewann er 2007 den Nasa-Wettbewerb des Schwalmgymnasiums, reiste zur Summer School der Nasa nach Houston. Danach hat ihn die Faszination Weltraum nie mehr losgelassen.

Heute erforscht Marcel Kaufmann aus Doktorand in Montreal an neuen Robotersystem für Mars und Mond. „Ich bringe Robotern quasi das Sehen bei“, erklärt der 30-Jährige, der aktuell die alte Heimat besucht.

Schwälmer Weltraumforscher promoviert in Montreal

Bereits nach dem Studium war Kaufmann klar, dass er unbedingt weiter forschen wollte: „Ich habe nur auf das richtige Doktorandenthema gewartet – aus Kanada kam dann das Angebot“, erzählt der Schwälmer, der als eine der großen Herausforderungen unter anderem die Uni beschreibt, an der nur Französisch gesprochen wird. 

Die neue Sprache kommt zum Niederländisch, das er ebenfalls für den Job lernte – im Alltag spricht Kaufmann Englisch. „Dazu kommen noch die vielen Programmiersprachen“, erläutert er. Für seine Doktorarbeit entwickelt er Multirobotersysteme zur Erforschung von Gesteinshöhlen auf dem Mond – unter anderem in Zusammenarbeit mit der ESA, der Europäischen Weltraumorganisation.

Lanzaroter Gestein ähnelt dem auf Mars und Mond

Kaufmann besucht Kongresse, stellt regelmäßige seine Studien dazu vor, zuletzt flog er zu Tests nach Lanzarote. „Ich packte zehn Roboter ein, baute sie auf Lanzarote wieder zusammen und traf mich dort mit dem deutschen Astronauten Matthias Maurer“, berichtet der 30-Jährige. 

Das Gestein auf der Insel ähnele dem auf Mars und Mond. Dort habe er mit Rovern gearbeitet, geländegängigen, zum Teil fliegenden, Erkundungsrobotern – angelehnt an den Mars 2020 Rover, einer Mars-Mission, die im August 2020 gestartet werden soll. „Wir benutzen dazu die gleiche Plattform wie dieser Rover, wollen ihn aber noch weiterentwickeln und autonomer machen“, sagt Kaufmann. 

Es gehe darum, ihn von der Erde aus fernzusteuern, wobei es in etwa 20 Minuten dauere, bis das Signal von der Erde beim Roboter auf dem Mars ankomme. Ziel sei es, den Menschen quasi in das Robotersystem zu integrieren.

Auf dem Mars gibt es kein Google Maps

In seinen Forschungen muss Kaufmann viele Unwägbarkeiten miteinbeziehen – „auf dem Mars gibt es kein GPS.“ Auch bei Google Maps könne sich der Roboter nicht bedienen, gibt der Doktorand zu bedenken. Aktuell würden die Roboter in einer Analog-Mission getestet. 

„Ziel ist, die Roboter auf dem bemannten Standort auf dem Mond zu etablieren“, erläutert der 30-Jährige. Dazu arbeitet Kaufmann mit anderen Forschern zusammen, die beispielsweise untersuchen, wie sich die Schwerelosigkeit auf den menschlichen Körper auswirkt. „Auf dem Mond herrscht etwa ein Sechstel der irdischen Schwerkraft, auf dem Mars ein Drittel“, sagt Kaufmann.

Schwälmer Weltraumforscher erhält bedeutendes, kanadisches Stipendium

Die eigene Forschung bekanntzumachen, auch das ist für den Schwälmer wichtig. „Es geht natürlich auch darum, Forschungsgeld einzuwerben, sich einen Namen zu machen.“ 

Das ist Kaufmann schon gut gelungen – er erhielt eines der prestigereichsten kanadischen Stipendien für seine Forschung. Auch aus der Heimat kam Unterstützung – vom örtlichen Lions-Club und den Rotariern. 2022 will er mit seiner Doktorarbeit fertig sein.

"Wir leben alle auf demselben Raumschiff namens Erde"

Kaufmann teilt seine Begeisterung für die Raumfahrt gern: „Vielen ist nicht bewusst, dass wir täglich Dinge benutzen, die aus der Weltraumforschung kommen – ohne Satelliten würde vieles nicht funktionieren.“

 Froh sei er, dass in der Forschung „Politik und Raumfahrt entkoppelt sind“. „Allen ist bewusst, dass wir diese großen Ziele nur gemeinsam erreichen können“, sagt er. 

Mittlerweile könne er die Ehrfurcht und das tiefe Verstehen zum Leben auf der Erde vieler Astronauten nachvollziehen – damit beschreibt er den sogenannten Overview-Effekt: „Durch all das Wissen ist auch die Erde für mich etwas kleiner geworden. Wir leben alle auf demselben Raumschiff namens Erde.“

Saskia Zulauf gewinnt den Nasa-Wettbewerb am Schwalmgymnasium. Nun darf die Schülerin zur Nasa nach Houston fliegen. Dort wird sie an einer fiktiven Marsmission teilnehmen.

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